Übungswochenende des JBC Jülich 2021
Von Eva Meiwes
Die jährliche Fahrt in die Eifel für 2021 ausfallen lassen und vor Corona und seinen Einschränkungen einknicken? Nein, das kommt nicht in Frage. So wurde kurzerhand beschlossen: die traditionellerweise im März stattfindende Fahrt wird vom Frühjahr in den Herbst verlegt. Mit dem neuen Termin taten sich auch neue Perspektiven auf: die Bäume auf der Islekhöhe mit sich langsam verfärbenden Blättern, die Zwischenfrucht auf dem Feld, Dahlien auf dem Flur: der Herbst ist der Frühling des Winters – und die Islekhöhe ist einfach zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert!
Sternförmig aus dem Jülicher Land angereist, mit oder ohne Stau, mit oder ohne Blick auf Malmedy oder mit oder ohne rotem Blitzlicht auf der Autobahn (wir drücken die Daumen, dass es nicht zu teuer wird, Andreas), trudelten nach und nach viele vertraute Gesichter am Ort des Geschehens im Gasthof Gausen in Krautscheid ein. Zwei neue Gesichter reihten sich gut ins Gesamtbild ein: Michael und Eva wurden mit feststehenden Ritualen, wie dem ersten Kakao mit Rum und der standartenmäßigen Planung des musikalischen Leiters für das Wochenende konfrontiert, und waren der ganzen Sache nicht abgeneigt! Freunde der Struktur und Ordnung hatten ihre helle Freude an diesem Zettel mit Proben-, Essens- und Pausenzeiten, der allerdings ständig verklüngelt wurde, sodass man manchmal doch etwas verhuscht da stand und sich überlegte, ob man der einzige war, der ein Beginn oder Ende von einer der besagten Phasen verpasst hatte.
Zügig sollten den Hörnern bereits am Freitag die ersten Töne entfleuchen. Die tolle Akustik der Tennishalle, ein hochmotivierter Andy und die Gruppe: drei Parforce- und neun Plesshörner, die zu allem bereit waren, und ein Teckel, der vor allem dazu bereit war, mit Eintritt in die Halle durch ebenjene zu flitzen und Tennisbälle zu bearbeiten. „Lass es uns langsam angehen“, mag der Gedanke von Andy gewesen sein, dass er mit sicher sitzenden Stücken den Ansatz langsam herausforderte, um schließlich die Messe nach Neuhaus aufzuschlagen, um sich „nur ein paar Takte genauer anzuschauen“. Irgendwann waren die letzten 50 Cent investiert und die Leuchtstoffröhren erhellten die Notenblätter für die finalen 30 Minuten voller Schiffsmotoren, Allegros und zweiter Klammern. Schließlich brannten die Lippen und knurrten die Mägen.
Falls man keine Affinität zu Rheinland-Pfalz, Blasinstrumenten oder lustigen Menschen im Generellen hat, sollte man der Islekhöhe aber schon allein wegen des Essens einen Besuch abstatten. Hausmannskost vom Feinsten, die alle Unverträglichkeiten oder Vorlieben berücksichtigte, wurde gereicht, dass sich die Tische bogen. Der Nachtisch füllte die letzten Lücken im Magen, sodass man danach eigentlich nichts mehr essen konnte. Der harte Kern des Abends nahm diese Feststellung zum Anlass, sich fortan dem Trinken zu widmen. Theo hatte einen guten Grund, nicht damit anzufangen, denn er musste noch mit dem Auto in eine andere Unterkunft fahren, die er ganz für sich allein hatte, was die Gerüchteküche mächtig anheizte, welche Freuden ihn dort noch erwarteten. Erdmann – Harrys treuer Teckelfreund – quittierte die Stimmung mit einem Rückzug in seinen Stoffbau und sein Herrchen seufzte den alten Zeiten hinterher, in denen er sich, der bierseligen Stimmung entsprechend, genüsslich eine Pfeife im Gastraum angezündet hat. Langsam übermannte jeden die Müdigkeit.
Am nächsten Morgen sahen alle recht frisch aus. Nur vier Männer hatten Augenringe und überlegten, ob das letzte Bier schlecht gewesen sei. Fynn hatte kein Bier getrunken und trotzdem Augenringe, da er mit Micha, der manngewordenen Kettensäge, auf einem Zimmer schlafen musste, und überlegte, in der nächsten Nacht einfach irgendwo zu schlafen: alles war besser, als ein torkelnder Mitvierziger, der sich zu später Stunde durch ein dunkles Zimmer tastete und noch die halbe Eifel abholzen musste.
Es folgte ein Vormittag voller Proben: gemeinsam oder einzelne Stimmen für sich und im Zentrum aller Bemühungen und guten Zuredungen: unser Andy! Mit dabei hatte er seinen neusten Geniestreich: „Auf der Lüneburger Heide“, einen feinen Marsch für vier Stimmen. Kniffelige Parforce-Zählereien um Pausen und Punkte wechselten sich mit dem leisen und dann lauten und dann wieder leisen Blasen der Plesshörner ab, sodass eigentlich eine muntere Mischung herauskommen sollte: eigentlich. Zum Glück verstärkte Jasmin mit ihrem Horn und Sohn Lennard mit Trampolin und Micky-Mäusen die Gruppe – so konnten alle Stimmen aus dem Vollen schöpfen. Kurz klären, wer man eigentlich ist und welche Töne man eigentlich zu blasen hat, und schon war es Mittagszeit.
Nachdem Ira Handyempfang im Bushäuschen gegenüber des Gasthauses entdeckt hatte, zog es sie nach draußen. Andere zog es ins Bett, um sich von der Nacht und schmerzenden Lippen, Armen oder sonstigem zu erholen. Galant kann man den Akt der Hausherrin bezeichnen, in dieser Pause für glutenfreies Bier zu sorgen, damit Fynn sich für die zweite Nacht entsprechend präparieren konnte. Stante pede hat sie sich mit diesem Zug aber bei der Fraktion um Karl-Heinz, Harry und vor allem Theo in die Nesseln gesetzt, da die sich statt auf das Bier, auf einen frisch gebackenen Kuchen gefreut hatten: warum Theo wohl in seiner Luxus-Solo-Unterkunft nicht einfach selbst zur Backform gegriffen hat?!
Der Nachmittag und unsere Lippen plätscherten dahin: nie müde oder verlegen um ein Späßchen forderte Andy im zweiten Probenlauf Wiederholung um Wiederholung eines jeden Taktes ein, bis er ein Einsehen hatte und ein Wunschkonzert eröffnete: das zwar nur von Andreas, aber umso hartnäckiger geforderte „Wisent-Tod“ wurde genau so wie der „Jäger aus Kurpfalz“ oder das „Wanderliedchen“ geblasen – eine tolle Mischung, die die müdesten Bläser noch einmal aktivierte.
Auch das zweite Abendessen war ein solcher Genuss, dass man sich noch nicht sofort trennen wollte. Im großen Gastraum gab es viel Gespräch, Gelächter und Alkohol. Fynn hatte das Lernziel erreicht und genehmigte sich nicht nur das Sixpack glutenfreies Bier, sondern auch diverse Schnäpse. Wie aus dem Nichts kamen fünf Becher mit Würfeln und ein Ständer mit Plastikringen im Oberhaus zutage. Schocken heißt das Spiel! Andy und Anti als ausgewiesene Profis erklärten flott die Regeln und schon ging der Würfelspaß los. Für das Unterhaus, das noch rätselte, wie man die steigenden Ausgaben der vielen Trinker im nächsten Jahr finanzieren könnte, präsentierte sich keinen Meter entfernt die denkbar einfachste Lösung: lass fünf Leute spielen und der Verlierer muss eine Runde geben – es kann so einfach und so lustig sein. Die Stimmung erreichte ihren Höhepunkt, die „alte Marille“ wurde zum Gassenhauer und die Regeln wurden zunehmend verständlicher, vielleicht weil sie auch immer laxer ausgelegt wurden. Wenn man nicht den Absprung schaffte, war man in den Fängen von Andreas Mantra um das „Scheidebier“ gefangen: Matthias, Andy, Fynn und Micha waren ihm ins Netz gegangen!
Was soll man sagen? Der Probenbeginn am nächsten Morgen wurde nach vorne gezogen, um nicht Gefahr zu laufen, dass man in der halbstündigen Pause nach dem Frühstück die ersten Vermissten im Bett suchen musste. Die Lippen gehorchten auch nicht mehr so recht, sodass man sich um 10.30 Uhr einen letzten Kaffee – die ganz hart Gesottenen einen Kakao mit Rum – genehmigte und sich von der herzlichen Gastgeberin Daniela mit einem lauten „Wiedersehen“ bis März verabschiedete. Wir kommen wieder!!