Übungswochenende des JBC Jülich 2020
Von Harry Vollmer
Am 6. März 2020 ging es wie in den Vorjahren – nunmehr zum sechsten Mal – in die Hocheifel nach Krautscheid, um dort im Hotel Islekhöhe in vertrauter Umgebung das bewährte Jagdhornbläser-Übungswochenende zu verbringen.
Leider waren wir auch in diesem Jahr nicht vollzählig, so dass mit acht Teilnehmern, davon nur eine Teilnehmerin, die Stimmenbesetzung für den musikalischen Leiter vorab herausfordernd war. Doch der Reihe nach.
Vor der Abfahrt am Nachmittag erwiesen wir um 11.00 Uhr in der Pfarrkirche zu Rödingen dem verstorbenen langjährigen Vorstandsmitglied der KJS Düren, Hans-Willi Dahmen, im Rahmen eines Wortgottesdienstes die letzte Ehre, indem wir mit Stücken aus der Neuhausmesse, Ehrenfanfare und dem üblichen Jagd vorbei. Halali die Feier untermalten.
Gegen 15.00 Uhr brachen wir dann in verschiedenen Fahrgemeinschaften Richtung Eifel via Ardennenautobahn auf, um gegen 17.00 Uhr von der Gastwirtin Daniela freudig begrüßt zu werden. Nach dem Bezug der Zimmer gab es in der Gaststube erst einmal ein Getränk; der Hundeführer hatte sich während des Ausführens von Teckel Erdmann schon geistig und seelisch auf den Traditionskakao (mit Rum und Sahnehaube) eingestellt. Bei dem herrschenden Regenwetter mit Wind und Kälte genau die richtige Wahl.
Da noch in der Tennishalle trainiert wurde, zogen wir das Abendessen vor – wie immer sehr reichhaltig und schmackhaft. Unser Youngster Finn entwickelte einen ganz besonderen Appetit und putzte sozusagen die Platten.
Alsdann ging es in die Tennishalle, in der sich jeder über warme Bekleidung freute. Unser musikalischer Leiter Andy hatte sich Gedanken gemacht, wie man die Stücke sozusagen zum Klingen bringen kann. So ist neben dem Beachten der Notenwerte und des Taktes auch die entsprechende Lautstärke ein entscheidendes Gestaltungselement, das einem Musikstück Dynamik und Virtuosität verleiht, kurzum: es für den Zuhörer angenehm erklingen lässt. Mit ganz einfachen Jagdsignalen wurden unterschiedliche Lautstärken geübt. Beginnend mit mezzo forte, als Gradmesser für das annähernd normale Spiel, ging es über die Schallpegel piano und forte in die Welt der Lautstärkenbandbreite. Hier konnte nahezu jeder an seiner persönlichen Frustrationstoleranz arbeiten, denn glaubte man piano doch ganz ordentlich hinbekommen zu haben, so musste man objektiv feststellen, dass dabei die vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht gehalten wurde, sprich leise Blasen erzeugte langsameres Tempo, und damit war Andy zu Recht nicht einverstanden. Aber Andy wäre nicht Andy, hätte er uns nicht sogleich mit einem Lob zur voraufgegangenen Vormittagsveranstaltung ermuntert, das darin gipfelte, dass das von uns vorgetragene Sanctus gerade im Hinblick auf die aktuelle Übungseinheit so gut gewesen sei, dass es ihm eine große Freude bereitet habe. Das hat uns dann auch gefreut und natürlich angespornt für den weiteren Übungsverlauf. Der endete dann, nachdem uns der Lichtautomat in der Halle den Dienst verweigerte und wir uns zu einem gemütlichen Abschluss in der Gaststube einfanden. Hier mussten wir feststellen, dass lange nicht so ein Andrang herrschte wie in den Vorjahren. Mag sein, dass auch hier das Coronavirus dafür verantwortlich war. Uns störte es nicht, und so verflog sie Zeit mit angeregten Gesprächen und dem in NRW nicht mehr vorhandenen Luxus, eine Zigarette oder Pfeife rauchen zu dürfen. Noch vor Mitternacht waren dann alle im Bett.
Das Frühstück am Samstagmorgen begann mit einer Hiobsbotschaft: Fynn, der leider genetisch bedingt an einer Glutenunverträglichkeit leidet, musste die ganze Nacht über die so mit großem Genuss aufgenommene Nahrung des Abendessens auf verschiedenen Wegen aus seinem Körper abgeben und war leider nicht in der Lage, dem Übungsblasen Folge zu leisten. In der Ursachenforschung war man sich schnell einig. Fynn hatte neben den für ihn speziell zubereiteten Bratkartoffeln den Rest unserer Pommes Frites konsumiert, und die waren in einer Fritteuse zubereitet worden, in der auch Kroketten zuvor im Fett erhitzt worden waren. Für Fynn ein „no go“ und verhängnisvoll. Ira und Matthias fuhren kurzerhand zur nächstgelegenen Apotheke, um entsprechende Medikamente zu besorgen. Dort wurden sie mit der Frage: “Sie sind aber nicht von hier?“ beargwöhnt. Der Schatten vom Coronavirus war der Grund für die Erkundigung. Hätte unser helfendes Duo die heimatliche Nähe zum Epizentrum der Seuche mitgeteilt – nicht auszudenken!
So setzten wir das Training um eine Ventilhornstimme geschwächt fort. Anknüpfend an den Vorabend wurden einige bekannte Stücke vorgetragen, um dann ein ganz neues anzugehen: Abend-Halali. In Teilstücken und separiert nach Stimmen tasteten wir uns an das melodische Stück heran. Lippen und graue Zellen arbeiteten solange, bis man sagen konnte, die Notenabfolge klappt allmählich. Aber von dem beabsichtigten Wohlklang, insbesondere der Passagen von laut bis leise waren wir noch ein Stück entfernt. Im Hinterkopf blieb dann auch die Erkenntnis, dass diese Hürden beim Probenabend in der Heimat von den zu Hause gebliebenen auch erst einmal wieder genommen werden müssten. Und wieder einmal wurde deutlich: ohne Andys Engelsgeduld wäre das alles nicht möglich.
Nicht unerwähnt bleiben darf der volle Einsatz von Vierläufer Erdmann. Der schwarzrote Kurzhaarteckel, ebenfalls seit sechs Jahren auf der Islekhöhe dabei, gab mit mehreren Tennisbällen alles, indem er den geworfenen Bällen durch die Halle folgte. Er fand immer wieder Bereitwillige, die ihm das Bällchen warfen, bis hin zum Netzhang. Wenn die Bläser zur Ruhe kamen, konnte auch er in der Gaststube entspannt ruhen. Apropos Ruhe: unsere knapp 160 Jahre – Karl Heinz und Friedrich – hatten sich mittlerweile auf Stühlen niedergelassen, was ihnen ein sehr würdiges Aussehen verlieh und dem Blasen keinen Abbruch tat.
Nach dem Abend-Halali gab Andy Noten von einem Stück aus, das uns von vor langer Zeit bekannt war, das aber nie so richtig geliebt wurde: Schwarzwaldglocken. Theo war sogleich sehr begeistert, denn er war von jeher der größte Fan dieses Stückes gewesen und hatte immer sehr sicher die dritte Stimme geblasen. Indes, so richtig klingen wollte das Stück nie. Der Chronist erinnerte sich an den lang zurückliegenden Besuch der Messe Jagd und Hund, auf der er das Jagdhornbläsercorps Ense (Sauerland) hörte, als diese die Schwarzwaldglocken intonierten. Hätte der musikalische Leiter den Titel nicht angesagt, so hätte der Chronist das so wunderbar melodische Stück mit seinem Glockenklang nicht erkannt. Nun wollten wir in der Probe einen erneuten Versuch starten. Die Stimmenbesetzung war nun mit dem Ausfall von Fynn nicht so optimal, auch fehlte die dritte Parforcehornstimme. Und dann bestand die Crux darin, sich durch vier Partiturblätter wuseln zu müssen, ganz zu schweigen von unterschiedlichen Läufen in den Stimmen. Aber das ist eben genau der Reiz bei diesem Stück, dass, wenn alle parieren und sauber zählen und auf das Ganze hören ein wirklich hörbares Ergebnis dabei herauskommt. Theo wagte die Prognose, dass man mit den Schwarzwaldglocken und der Echofanfare bei den Zuhörern höchstes Lob ernten kann – wenn es denn gekonnt geblasen wird.
Die Mittagspause nutzten einige zur Augenpflege, andere wie Ira, Theo und der Chronist zogen mit Teckel Erdmann um die Häuser und durch die Felder, zumal das Wetter wieder freundlich war und den Blick in die wunderschöne Eifellandschaft gestattete. Danach waren wir wieder alle am Horn.
In der Nachmittagspause war Fynn gottlob wieder auf den Läufen, aber er war noch sehr blass. Gastwirtin Daniela hatte ihm eine Suppe gebracht, die er wohl vertrug. Nach der Pause blies er kurz mit, musste sich dann aber doch noch schonen. Sein Ventilhorn übrigens auch. Der Schalltrichter hatte sich innerhalb der ersten Lederwicklung vom gewundenen Messing gelöst. Offensichtlich hatte ein Vorbesitzer die Verbindung bereits einmal mit Sekundenkleber fixiert. Andy gab einen guten Reparaturtipp, der unaufwändig, aber probat erschien.
So ging es denn fort mit zwischendurch altbekannten Stücken, aber verstärkt unter dem Aspekt der vorgesehenen Betonung: laut und leise, „ta“ und „da“ bei der Tonbildung. Ganz nebenbei spürte man auch den verbesserten Ansatz, wobei die Parforcehörner natürlich gegenüber der ersten Stimme Pless gut reden haben.
Bis zum Abendessen leisteten wir uns noch einmal den Luxus von Gasheizungsstrahlern und Licht und beendeten gegen 19.00 Uhr die Probe.
Das Abendessen war wieder reichhaltig und köstlich und unser Lob erfreute die Gastleute. Im Anschluss an das Essen und die stimmungsvollen Tischgespräche verlegten wir in die Gaststube, um dort bei entsprechenden Getränken weiterhin den Austausch zu pflegen. Auch an diesem Abend war im Lokal bis auf Besucher der Kegelbahn nicht viel los. Theo hatte vom Wirt erfahren, dass ein aus den Vorjahren bekannter Stammgast, der seinen festen Platz am Tresen hatte, nicht mehr unter den Lebenden weilte. Mon Chichi – den Spitznamen hatte ihm Theo verpasst – war auf dem Nachhauseweg an der in der Nähe befindlichen Straßenkreuzung überfahren worden. Fast unglaublich bei der unternormalen Verkehrsdichte in diesem Bereich. An diesem Abend wurden wir dann alle nicht sehr alt. Der Übungstag war dann doch nicht ganz ohne Anstrengung gewesen. Erdmann lag ausgestreckt und sichtlich müde am Boden. Gegen 23.00 Uhr war dann für das JBC Jülich Zapfenstreich.
Der Sonntagmorgen begrüßte uns mit verhangenem Himmel. Es regnete zwar nicht, war aber auch nicht gerade einladend für ausgedehnte Spaziergänge. Selbst der Hund war froh, als er wieder in geschlossenen Räumen war. Beim Frühstück waren alle fit, so auch Fynn, der sich sichtlich erholt hatte. Nach der Nahrungsaufnahme ging es dann ans Packen und Verladen erster Gepäckstücke. Hernach wieder in die Tennishalle zum Finale. Andy spendierte eine ausgiebige Runde Heizstrahler. Dann wurden die neu einstudierten Stücke intoniert. Psychologisch geschickt schwenkte unser musikalischer Leiter Andy dann auf bekannte Stücke, die dann auch recht gut liefen. Deutlich hatte sich auch der Ansatz verbessert. Der stille Vorsatz, diesen durch tägliches Blasen fortzupflegen, ging sicher manchem durch den Kopf. Aber bekanntlich ist der Mensch bequem. Gegen 10.30 Uhr endete das Training mit Zapfenstreich und Auf Wiedersehen. Ein letzter heißer Kakao mit Inhalt wurde genossen, derweil Ira die ganze Zeche bezahlte. Termine für 2021 wurden mit Gastwirtin Daniela erörtert. Die herzliche Verabschiedung und ein Erinnerungsfoto beendeten das Übungswochenende auf der Islekhöhe. Es hat uns wieder allen gut getan und uns ein Stück weitergebracht. So bleibt uns zu sagen: „Danke, Andy. Für deine unendliche Geduld und den Glauben an uns.“